Bevor das hier ganz in Vergessenheit gerät oder zu einem der nie veröffentlichten Entwürfe wird, weil ich das Buch, was am Ende empfohlen wird, gerade erst ausgelesen habe und weil die Bilder vom Urlaub immernoch nicht sortiert sind, ein Beitrag aus der politischen Ecke.1
Ausgangspunkt für diesen Entwurf war ein Beitrag auf heise online, nämlich: Bremer Grünen-Fraktionschef tritt weiterhin für “Grenzen im Internet” ein.
Es gehe in der Debatte um die Art und Weise, wie die Menschen vor der Darstellung von Gewalt, sexuellem Missbrauch und anderen Auswüchsen im Internet geschützt werden können.
Diese Debatte ist durchaus interessant und die Frage des rechtsfreien Raumes schnitt ich bereits hier im Blog an. Ein Punkt, den ich in der öffentlichen Debatte bisher schmerzlich vermisst habe ist ein eher eine psychologische Frage. Es geht ja um die Darstellung kinderpornographischer Inhalte und die Argumentation der Befürworter der Sperren geht dahin, dass die Leute vor diesen Inhalten geschützt werden müssen. Es ist beispielsweise die Rede von Zufallsfunden. Ich bewege mich seit nunmehr 10 Jahren beinahe täglich im Internet. Kein einziges Mal, bin ich zufällig auf derartige Bilder oder ähnliches gestoßen. Es interessiert mich auch überhaupt nicht, ich suche nicht danach und für den überaus unwahrscheinlichen Fall, dass ich dennoch mal auf solche Inhalte stoßen sollte, hätte nicht das geringste Interesse daran, mir das anzuschauen sondern würde das Fenster direkt wieder schließen. Jeder, den ich in den letzten Wochen mal dazu gefragt habe, sieht das genauso. Wieso muss also der Staat ein Stop-Schild vor etwas stellen, wonach ich nicht suche und was ich mir bei einem Zufallsfund gar nicht ansehen würde, weil es widerlich und abstoßend ist? Stattdessen erschwert er dadurch noch die polizeilichen Ermittlungen und ich stehe mit einem Bein im Knast, weil meine IP-Adresse natürlich aufgezeichnet wurde. Der Produzent des Dreckszeugs hingegen, lacht sich ins Fäustchen, weil er durch die »Adelung« mit dem Stopschild gewarnt ist. Und schlussendlich ist nicht sichergestellt, dass die Sperren, wenn sie einmal da sind, nicht doch für andere Inhalte missbraucht werden.
Die Frage nach der Bemutterung stellt sich auch an anderen Stellen, es geht quasi um die Mündigkeit des Bürgers.2 Wieviel Eigenverantwortung und somit auch Freiheit soll der Staat dem Bürger zugestehen, wieviel Vertrauen hat er?3 Und da sind wir dann bei dem eingangs erwähnten Buch: »Angriff auf die Freiheit« von Ilija Trojanow und Juli Zeh, das ich auf dem Flug aus dem Urlaub zurück nach Trondheim in Windeseile durchgelesen habe. Es fasst sehr schön die innenpolitische Situation in der sogenannten westlichen Welt nach 2001 zusammen, für die politisch interessierte Netzgemeinde nicht allzu viel neues, aber gut recherchiert und auch für Einsteiger in die Thematik gut geeignet, ich würde es quasi jedem meiner Leser hier empfehlen zu lesen.
Sehr angenehm war in diesem Zusammenhang übrigens auch Folge 135 vom Podcast »Chaosradio Express«: Mut zur Freiheit. Die beiden o.g. Autoren sind dort zu Gast bei Tim Pritlove und erzählen über ihre persönlichen Hintergründe und nur ein wenig über das Buch. Der Tenor der ganzen Sendung ist aber, dass wir die irrationalen Ängste, die von Medien, Innenminister und BKA-Chef geschürt werden, mit anderen Augen betrachten sollten. Ein Gesellschaft, die auf Freiheit, Vertrauen und Dialog basiert, ist allemal wünschenswerter als Angst, Neid und Misstrauen gegenüber anderen, egal ob zwischen den Bürgern oder zwischen Bürgern und Staat.
Mal wieder etwas konfus der Beitrag, aber ich wollte wenigstens die Empfehlungen für das Buch und den Podcast loswerden und einen Entwurf aus dem Ordner da rausbekommen. Ich schau jetzt noch eine Folge einer etwas optimistischeren und in vielen Dingen visionären Zukunft: Star Trek – The Next Generation. Live long and prosper!
.oO( Krieden, ich will endlich wieder Krieden… )
- Auch die Bundestagswahl wird wohl kurz erwähnt werden. [↩]
- Wieso sprechen bestimmte Medien eigentlich bei dem Ergebnis der Bundestagswahl davon, dass die »bürgerlichen« Parteien gewonnen hätten. Sind die Wähler von Linke, Grünen und SPD etwa keine Bürger? [↩]
- Passend dazu übrigens auch in meiner Linksammlung die beiden Links diese Woche zum Thema Unschuldsvermutung. [↩]