Nur eine Nummer?

Die wirklich letzte Sache, die ich in Deutschland vor meinem Abflug nach Norwegen erledigte, war ein Protestschreiben gegen die Zuteilung der einheitlichen Steuernummer abzuschicken. Jeder Deutsche hat 2008 oder 2009 diese Nummer zugeteilt bekommen. Die ganze Geschichte wurde von verschiedenen Stellen aus stark kritisiert, wie auch heise online am 02.08.2008 schrieb: Bürgerrechtler rufen zu Klagen gegen die neue Steuernummer auf. Der Protest begründet sich auf Zweifeln an der Vereinbarkeit einer derartigen Personenkennzahl mit dem Grundgesetz. Schon im Mikrozensusurteil von 1969 hatte das Bundesverfassungsgericht solch ein Nummer abgelehnt und darauf in späteren Urteilen wiederholt hingewiesen. Diese Bedenken drücken sich beispielsweise im vielzitierten Volkszählungsurteil von 1983 aus. Mehr Informationen über die Steuer-ID selbst findet man beispielsweise auf den Seiten der Humanstischen Union.

Eine der ersten Sachen, die man in Norwegen machen muss, wenn man sich hier längere Zeit zum Leben und Arbeiten aufhält, ist zur Polizei und zum Folkeregister (Einwohnermeldeamt) zu gehen um eine Aufenthaltsbewillung und eine Personennummer zu beantragen. Diese Nummer wird in Norwegen häufig genutzt. Man braucht sie bei der Steuererklärung, um ein Bankkonto zu eröffnen oder einen Handyvertrag zu bekommen, für Versicherungen oder im Krankenhaus – eben sehr häufig. Das hat schon eine etwas unfreiwillige Ironie.

Die Norweger scheinen damit kein großes Problem zu haben, es herrscht ein Vertrauen in die Behörden, das ich in der Form Deutschland nicht mehr habe. Die Probleme hier sind dann auch die selben wie bei uns, in England oder sonstwo: Norwegen: Steuerverwaltung verschickt ID-Nummern an Medien.

Letztendlich muss eine Gesellschaft abwägen, wie stark der Staat in die Privatsphäre des Bürgers eingreifen darf und wie stark der Datenschutz wertgeschätzt wird. In dieser Hinsicht war das vorläufige Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung mit der Etablierung des neuen Grundrechts auf Vertraulichkeit informationstechnischer Systeme wegweisend. In einer funktionierenden Gesellschaft, wo der Staat dem Bürger nicht misstraut und diese Integrität gewährleistet, mag solch eine Personennummer gerechtfertigt sein. Ich habe bei der ganzen Geschichte dennoch gewisse Bauchschmerzen.